Schufa-Universum – Fluch und Segen

Schufa Universum - Dr. Thomas Schulte

Worüber schreiben wir:

Niemand hat die Schufa aufgefordert, Schulnoten bezüglich der Finanzen von Erwachsenen zu verteilen. Warum sie es trotzdem tut und warum sie es darf – wie ein Opfer sich dagegen wehrt “sitzenzubleiben”. Von Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt in Berlin.

Schufa-Probleme betreffen Sie nicht? 

Dann mal ein typisches Beispiel! Unternehmer Holger M. aus München hat zwei Mietshäuser in Nürnberg, deren Erwerb er vor einigen Jahren bei der Deutschen Bank AG finanziert hat. Nun erhält er Post von dieser Bank und diese teilt mit, dass sein Darlehen auf keinen Fall verlängert wird. Er hat einen Schufaeintrag, der sehr negativ ist. 

Was ist geschehen? 

Sein Töchterchen Josefine ist ein braves Kind von 18 Jahren und hatte einen Freund, der teilweise bei ihnen gewohnt hatte in dem schönen geräumigen Haus in Bogenhausen. Der Freund ist längst aus- und weitergezogen. Der junge Mann hatte aber unter Nutzung von “Schwiegerpapas” Daten einen Handyvertrag abgeschlossen und die Mahnungen und Gerichtspost verschwinden lassen. Jetzt hat das Opfer, der Vater, wegen des Identitätsdiebstahls ein großes Problem. Schlussendlich bekam der Unternehmer einen negativen Schufaeintrag mit weitreichenden und langfristigen Folgen, das Töchterchen aber verliebte sich wieder schnell neu. 

Der Bankmitarbeiter darf aufgrund der bankinternen Richtlinien und vertraglichen Vereinbarungen das Darlehen in diesem Fall gar nicht verlängern. Ein kleines Problem wird sozusagen von der Mücke zum Elefanten. 

Beispiele dieser Art gibt es tausendfach. Hinzu kommen Krisen von Menschen, die immer wieder vorkommen und in den Biografien normal sind: Scheidungen, unverschuldete Not, Alkohol und Drogen, Tod, Krankheit und Trauer. Da ist es schwierig, sich immer wie ein Musterschüler zu benehmen. Das sind häufig die Fälle, die vor Gericht landen und nicht diejenigen, bei denen tatsächlich eine vollkommene Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Wird von Gläubigern das gerichtliche Mahnverfahren mit seinen kurzen Fristen durchlaufen, können Forderungen schnell tituliert werden.

Unlängst hat sich auch der Europäische Gerichtshof wieder mit der Schufa und anderen Datensammelfirmen beschäftigen müssen. Hierbei ging es um automatisierte Verfahren und ob diese zulässig sind. Diese Urteile sind kompliziert und ihre Auswirkungen komplex. Kurz und gut: Auskunfteien wie die Schufa Holding AG macht den Menschen auch Angst, weil viel Macht mit großer Intransparenz einhergeht.

Wo kommt die Schufa eigentlich her?

Die Schufa Holding AG (ursprünglich SCHUFA e. V. Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) ist ein privates und finanziell optimal aufgestelltes Unternehmen, das sich sozusagen staatlicher Aufgaben bemächtigt hat. Die Schufa tritt ein wenig so auf wie ein Bademeister im Hallenbad. Selbstbewusst und machtvoll, als wenn die Menschen im Schwimmbecken nicht schwimmen können. Diese jahrzehntelange Erzählung ist tief verankert und zugleich ein Druckmittel im Kopf: “Ich muss zahlen, sonst bekomme ich eine negative Schufa”. 

Schulden von Kindern oder Partnern werden teilweise kritiklos geleistet, aus Angst vor der Schufa. Diese Lobbyarbeit war sehr erfolgreich. Außerdem verbreitet die Schufa die These, dass diese für schnelle Verträge und reibungslosen Ablauf hilfreich ist. Da ist natürlich auch etwas dran, es gibt bekanntlich Länder, in denen müssen Verbraucher konstant Vorkasse bezahlen für Strom oder Handyverträge und so weiter. Die Möglichkeit, die Bonität des Vertragspartners im Vorhinein zu überprüfen, hat somit auch etwas für sich.

Faktisch ist die Schufa abhängig von ihren Vertragspartnern aus der Wirtschaft, die Daten liefern, die dann von der Schufa zusammengefasst und teilweise auch bewertet werden (Scoring). Natürlich könnte man diskutieren, dass so wichtige Aufgaben von staatlicher Seite wahrgenommen werden müssten. Zusätzlich gibt es auch ein staatliches Schuldnerregister, dessen Funktion aufgrund der Stärke der Schufa in den Hintergrund tritt. 

Bedeutung für Verbraucher

Bekanntlich machen bei der Schufa alle mit: Zudem verlangten das Bankenaufsichtsrecht und die Bankenaufsicht als Behörde vernünftige Systeme, um die Vergabe von „faulen“ Krediten zu erschweren. Ähnliches gilt für große Unternehmen wie Telekommunikationsunternehmen, die aufgrund des Handels- und Aktienrechts immer vorher einschätzen müssen, ob sie echte und vernünftige Kunden haben oder nur scheinbar zahlungsfähige Kunden. 

Es geht aber nicht darum, ob jetzt ein Unternehmer einen Millionenkredit bekommt, sondern heute sind Mietverträge von Verbrauchern oder andere „lebensnotwendige Fragen“ wie ein Bankkonto abhängig von einer guten Kreditwürdigkeit, der Bonität durch einen guten Schufa-Score. Da kommen also Macht, Geld und unklare Prozesse zusammen. Zugleich ist die Schufa anders als die früher machtvolle Kirche ein Meister darin, die Spielregeln zu ändern. Bei den sogenannten „Zehn Geboten“ wusste jeder, was zu tun ist und diese wurden auch in den letzten zweitausend Jahren nicht geändert.

Schufa-Recht beschäftigt die Experten seit Jahren

Das Schufa-Recht ist insbesondere Datenschutz und Verbraucherrecht. Anders als früher, als sich Insolvente und Personen mit Zahlungsschwierigkeiten in der Insolvenz einrichten konnten und so die Schwarzarbeit blühte, hat sich die Situation grundlegend geändert. Heute ist eine schlechte Schufa ein echter Hemmschuh und die Instrumentarien, dem Bürger in der Krise zu helfen, wieder ein braver Steuerbürger zu werden, werden dem Menschen nicht gerecht. Es ist nun mal nicht jeder Insolvenzfachanwalt und hat die Kompetenz und Disziplin für das 1997 eingeführte Privatinsolvenzverfahren oder für Pfändungsschutzkonten. Im Übrigen hat die Marktwirtschaft kein Interesse an stark betreuungsbedürftigen Kunden, weil dieses Geld und Ressourcen kosten. Die volkswirtschaftlichen Kosten der Lähmung der Menschen aufgrund von Angst können nicht errechnet werden. Diese Verbraucher werden sozusagen aussortiert und sind auch noch selbst „schuld“.

Schufa-Recht

Im Grunde galt früher: Die Gedanken sind frei und Datenschutz ist überflüssig. So wie heute noch der Merksatz gilt: In den USA gehören die Daten den Unternehmen und in China gehören die Daten dem Staat. Erst in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts setzte sich in Europa der Gedanke durch, dass die Daten eines Menschen ihm zuordnen sind und ein Dritter, der damit arbeitet, sich an Regeln zu halten hat.  

Das Bundesdatenschutzgesetz waren die wichtigsten Rechtsgrundlagen bis zu der Europäischen Datenschutz–Grundverordnung (DSGVO) aus dem Mai 2018. Diese Normen sind kompliziert und daher unbeliebt bei Gerichten und Juristen. Zudem treffen dort andere Rechtstraditionen aufeinander, die nicht immer passen. Das deutsche Recht geht sozusagen vom freien Bürger aus und sucht sprachliche Klarheit, während die europäischen Normen zu langen Kompromisstexten neigen und wie alle Gesetze mehr den Schutzgedanken in den Vordergrund stellen. Während das deutsche Recht mehr den einzelnen sieht, der sich dann vor Gericht wehren kann, mischen europäische Normen häufig Aufsichtsrecht (hohe Strafen und viel Organisatorisches in den Normen) mit Ansprüchen von Opfern fehlerhafter Datenverarbeitung.

Wo der Gesetzgeber nicht für Klarheit sorgt, haben die Gerichte die Arbeit. Und so ist es auch hier im Schufa-Recht.

Wie funktioniert das Schufa-Recht?

Die Daten gehören dem Menschen. Wer mit fremden Daten anderer Menschen arbeitet, muss sich also rechtfertigen. 

In der Datenschutzgrundverordnung ist in Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO geschrieben: „die Verarbeitung ist rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen“. Seit dem 25. Mai 2018 gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) in allen europäischen Mitgliedsstaaten. Viele Unternehmen passen ihre Abläufe aufgrund verschärfter Sanktionen an.

Daten dürfen daher generell nur verwendet werden, wenn berechtigte Interessen vorliegen. Es ist immer schwierig, wenn ein Gesetz sich nicht von selbst erklärt, sondern mit luftigen Worten wie berechtige Interessen unter anderem der Schufa oder von „Vodafone“ (also des Dritten) definiert werden müssen. Jetzt wird es wie im amerikanischen Recht kompliziert, weil Fallrecht zur Anwendung kommt, welches es natürlich schon vor 2018 gab, als nur das Bundesdatenschutzgesetz galt. Im Rahmen des neuen Bundesdatenschutzgesetzes wurde einige Fallgruppen gebildet, die die europäischen Normen konkretisieren sollen.

Für die Zulässigkeit von durch Auskunfteien ermittelten Wahrscheinlichkeitswerte über die Zahlungsfähig- und Zahlungswilligkeit einer natürlichen Person wurden in § 31 II BDSG einige Fallgruppen normiert.

  1. Titulierung der Forderung oder die Forderung anerkannt, oder ergibt sich aus öffentlichen Registern (Schuldenregister oder Insolvenzregister)
  2. Eine Forderung ist fällig und der Schuldner ist zweimal ordentlich gemahnt worden. Die erste der zwei Mahnungen liegt vier Wochen in der Vergangenheit. Der Schuldner ist bereits gewarnt worden und der Schuldner hat die Forderung nicht bestritten. 

Rechte

Der Verbraucher hat das Recht, einmal im Jahr eine kostenfreie Schufaauskunft zu erhalten (Art. 15 Datenschutzgrundverordnung). Das ist immer wieder Grund für Streit und Diskussionen, weil die Schufa versucht zusätzliche Dienstleistungen zu verkaufen.

Verbraucher haben ein Recht auf Berichtigung nach Art. 16 DSGVO, wenn personenbezogene Daten falsch sind. Außerdem stehen diesen nach Art. 17 DSGVO ein Recht auf Löschung von Daten zu, wenn die diesbezüglichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind.

Zeitlicher Ablauf einer Einmeldung bei Auskunfteien

Irgendwann muss es auch gut sein: Wie lange dürfen Auskunfteien Daten speichern? Auch bei berechtigten Eintragungen muss eine Löschung vorgenommen werden. Denn eine Löschung hat Einfluss auf den Scorewert und die Forderung ist aus dem Register zu tilgen. Die Frist ist Tag genau drei Jahre nach der letzten Eintragung. Manchmal wird das Unterlaufen, weil die Unternehmen, insbesondere Inkassounternehmen alle paar Monate erneut den aktuellen Stand der Forderung melden. Bei der Privatinsolvenz muss binnen sechs Monaten gelöscht werden.

Schadenersatz bei fehlerhaften und Falscheintragungen in Auskunfteien

Die zuständigen deutschen Gerichte tun sich schwer mit messbaren Schadenersatzbeträgen für Opfer falscher Eintragungen in Auskunfteien. Also große Sprünge machen können Verbraucher damit eher nicht, im Vergleich zu den Unannehmlichkeiten, wenn wir an den obigen Fall denken.

Neben der Datenverarbeitung ist das Scoring von elementarer Bedeutung für die Bonität der Betroffenen. Das Scoring soll die Wahrscheinlichkeit korrekten Verhaltens von Kunden für die Zukunft errechnen und ist daher ein scharfes Schwert. Die Schufa wollte die Errechnungsmethoden wie ein Dorflehrer aus dem 19. Jahrhundert nicht offenlegen, sondern behauptete erfolgreich vor dem Bundesgerichtshof in einem Verfahren, dass es sich um ein Geschäftsgeheimnis handeln würde. Die automatisierte Entscheidung mittels Computerprogramme hat dann aber das höchste europäische Gericht im Urteil vom 07.12.2023 kritisch gesehen. Es ist also weiterhin Bewegung in dem Schufa-Recht.

Tipps und Tricks für den Umgang mit der Schufa

In einer vernetzten Welt kann sich niemand der Datenverarbeitung entziehen – jeder ist Teil des „Schufa-Universums“. Dr. Thomas Schulte bietet wertvolle Ratschläge für den sicheren Umgang mit persönlichen Daten und den Schutz vor negativen Schufa-Einträgen.

  • Vorsicht bei Online-Aktivitäten
    Vermeiden Sie riskantes Verhalten wie Bestellungen unter Drogeneinfluss, Teilnahme an Glücksspielen oder unkontrollierte Verbreitung von Kreditkartendaten. Solche Handlungen erhöhen das Risiko erheblich, in die Schufa-Datenbank aufgenommen zu werden.
  • Unterstützung in Krisenzeiten
    Wenn Sie sich in einer schwierigen Situation befinden, vermeiden Sie riskante Verhaltensweisen und suchen Sie Unterstützung bei Familie und Freunden. Dies kann helfen, Schäden von vornherein zu verhindern.
  • Ordnung und Vorsicht
    Korrespondieren Sie schriftlich und bewahren Sie alle Unterlagen ordentlich auf. Nutzen Sie Einschreiben mit Rückschein, um den Erhalt wichtiger Dokumente zu bestätigen. Kontrollieren Sie regelmäßig Ihre Post, um Postverluste zu vermeiden, die schwerwiegende Folgen haben können.
  • Regelmäßige Schufa-Überprüfung
    Checken Sie Ihre Schufa regelmäßig durch Auszüge und reagieren Sie sofort auf Fehler. Suchen Sie bei Bedarf professionelle Hilfe.
  • Realismus und Wehrhaftigkeit
    Erwarten Sie keine Menschlichkeit von großen Unternehmen oder Inkassofirmen. Bleiben Sie wehrhaft und setzen Sie sich aktiv gegen ungerechtfertigte Forderungen zur Wehr.

Durch diese Maßnahmen können Sie sich besser im Schufa-Universum bewegen und negative Einträge vermeiden.

Autor: Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt

Kontakt:

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Thomas Schulte
Malteserstraße 170
12277 Berlin
Telefon: +49 30 221922020
E-Mail: valentin.schulte@dr-schulte.de

Die Kanzlei Dr. Schulte, Rechtsanwalt ist seit 1995 erfolgreich zivilrechtlich schwerpunktmäßig auf dem Gebiet des Internets-, Reputations- und Wettbewerbsrecht tätig. Sie vertritt bundesweit die Interessen einzelner Anleger. Ergänzende Absenderangaben mit dem Kanzleistandort finden Sie im Impressum auf der Internetseite www.dr-schulte.de.

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