Kontoführende Bank haftet gegenüber betrogenen Kunden, wenn diese Auffälligkeiten nicht für Warnungen nutzen – ein Meilenstein im Kampf gegen Kreditkartenbetrug, von Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt aus Berlin.

Berlin. Das Kammergericht Berlin hat in seinem Beschluss vom 04.09.2024 (4 U 79/23, bis jetzt nicht veröffentlicht) eine wegweisende Entscheidung getroffen, die die Rechte von Kreditkarteninhabern stärkt und den Kampf gegen Kreditkartenbetrug intensiviert und dessen Rechtsgedanke auf andere Betrügereien sich übertragen lässt. Worum geht es?

Automatische Überwachung der Kundenkonten ist nach dem Geldwäscherecht gefordert

Die Banken überwachen die Kontobewegungen der Kunden. Das Geldwäscherecht verlangt das zur Verhinderung beispielsweise von Steuerhinterziehung oder anderer Straftaten. Seit Jahren ist es ein Ärgernis, dass diese automatische Überwachung von Besonderheiten im Zahlungsverkehr den Kunden nicht zugutekommen soll. Die Banken haben sich vor Gericht immer mit Händen und Füßen gewehrt, den Geschädigten zu helfen. 

Beispiel: Die 87-jährige Großmutter Erna Müller bekommt eine Rente, weil sie früher Sachbearbeiterin bei der Barmer Ersatzkasse war. Die Sparkasse Wuppertal weiß, dass immer die Rente kommt, die Miete abgeht und sonst der übliche Kleinkram vom Konto. Jetzt kommt plötzlich eine Zahlung einer Bank aus Norwegen wegen Ölgeschäften über 100.000 Euro. Das Geld geht dann weiter nach Litauen (Betreff: Kauf Kryptowährungen). Am Ende steht Oma Müller vollkommen ausgeplündert da, weil die Bank trotz der automatisierten Transaktionsüberwachung nicht gewarnt und vollkommen absurde Buchungen durchgeführt hat.  Es geht also um die Haftung von Banken, wenn der Kunde betrogen wird. Bisher weigern sich die Banken, mit Händen und Füßen, ihre Kunden zu schützen. Der Grundgedanke der Entscheidung des Kammergerichts ist allerdings richtig: “Wer überlegenes Wissen als Bank hat, muss das Wissen auch zugunsten seiner Kunden nutzen.“  

Bis jetzt nicht endgültig durch das Kammergericht entschieden

Das Gericht meint, dass Kreditkartenemittenten, also insbesondere Banken, verpflichtet sind, eine algorithmische und automatisierte Transaktionsüberwachung durchzuführen. Diese soll verdächtige und für den Karteninhaber untypische Transaktionen, wie zum Beispiel ungewöhnlich hohe Beträge oder Zahlungen in anderen Ländern, frühzeitig erkennen.

Hintergründe und Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung des Kammergerichts ist vor dem Hintergrund der steigenden Kreditkartenbetrugsfälle, primär im digitalen Zeitalter, zu sehen. Kriminelle nutzen immer raffiniertere Methoden, um an sensible Zahlungsdaten zu gelangen und unrechtmäßige Abbuchungen vorzunehmen. Phishing-Attacken, bei denen Betrüger durch gefälschte E-Mails oder Websites an vertrauliche Informationen wie Passwörter oder Kreditkartendaten gelangen, sind nur eine der gängigen Betrugsmaschen. In dem wegweisenden Urteil wird die wichtige Rolle von Banken bei der Prävention und Aufklärung von Betrugsfällen hervorgehoben. Vornehmlich wird die Pflicht der Banken zur Sorgfaltspflicht und zur Überwachung von Transaktionen betont, um verdächtige Aktivitäten zu erkennen. Wird diese Pflicht nicht erfüllt, kann hieraus eine Haftung der Bank resultieren.

Muss doch auch bei anderen Betrügereien gelten, oder?

Diese Prinzipien lassen sich auch auf den Bereich des Trading-Betrugs übertragen. Banken, die Plattformen für den Handel mit Finanzinstrumenten anbieten, tragen eine Verantwortung ihren Kunden gegenüber, diese vor betrügerischen Machenschaften zu schützen.

Auch hier ist der Einsatz von Algorithmen möglich und weitverbreitet, um atypische Zahlungen zu erkennen. Ist dies der Fall, kann der Kunde gewarnt und Schlimmeres verhindert werden. 

Die Äußerung des Kammergerichts Berlin unterstreicht die Sorgfaltspflicht der Banken im Zahlungsverkehr. Banken müssen Maßnahmen ergreifen, um ihre Kunden vor Betrug zu schützen. Die algorithmische Transaktionsüberwachung ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung, da sie Banken in die Lage versetzt, verdächtige Transaktionen frühzeitig zu erkennen und zu verhindern. Diese Techniken werden bereits jetzt eingesetzt, um unter anderem den Geldwäschepflichten nachzukommen. Dann ist es nur konsequent, dass hieraus Sorgfaltspflichten und eine Haftung der Bank resultieren.

Früher nur schwache Haftung bei völlig eindeutigen Betrugsfällen

Diese Rechtsprechung ist im Kontext der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu sehen. So hat sich dieser mit Urteil vom 6. Mai 2008 (Az. XI ZR 56/07) mit der Haftung von Banken im Zusammenhang mit Sorgfaltspflichtverletzungen im bargeldlosen Zahlungsverkehr befasst. In diesem Fall wurde geprüft, ob und unter welchen Umständen eine Bank gegenüber Dritten haftbar gemacht werden kann, insbesondere bei der Veruntreuung von Geldern durch einen Kunden. 

Bestehen einer vertraglichen Warnpflicht? Bisher nur bei ganz massiven Verdachtsmomenten mit Straftatcharakter!

So stellte der BGH klar, dass eine Bank im bargeldlosen Zahlungsverkehr grundsätzlich keine allgemeine Warn- oder Überwachungspflicht gegenüber Dritten hat. In Ausnahmefällen jedoch, vornehmlich bei objektiv massiven Verdachtsmomenten, die auf eine Straftat hinweisen, besteht eine Warnpflicht. Wenn eine Bank erkennt oder erkennen müsste, dass der Kontoinhaber die eingehenden Gelder veruntreut, muss sie den Zahlungsvorgang hinterfragen und gegebenenfalls warnen​. Hier kann mit der Rechtsprechung des Kammergerichts angeknüpft werden. Denn auch technische Einrichtungen, wie Algorithmen, können Verdachtsmomente erkennen. Diese Gedanken hatten die Banken bisher meist vor Schadenersatz geschützt. 

Rechtliche Grundlagen und Folgen für die Praxis

Die §§ 675u und 675w BGB bilden den rechtlichen Rahmen für die Rechte und Pflichten von Banken und Kunden bei unautorisierten Zahlungsvorgängen. § 675u BGB verpflichtet die Bank grundsätzlich zur Rückerstattung unberechtigter Abbuchungen, es sei denn, der Kunde hat grob fahrlässig gehandelt. § 675w BGB regelt die Beweislast bei strittigen Autorisierungen.

Das Urteil des Kammergerichts hat weitreichende Konsequenzen für die Praxis. Banken müssen ihre Systeme zur Betrugsprävention verbessern und die algorithmische Transaktionsüberwachung implementieren. Kunden, die Opfer von Kreditkartenbetrug geworden sind, können sich auf diese Entscheidung berufen, wenn die Bank die Rückerstattung verweigert. Gleiches wird dann auch für andere Fallgruppen gelten müssen. 

Anwaltliche Unterstützung im Falle von Kreditkartenbetrug

Unsere langjährigen Erfahrungen zeigen, dass ein erfahrener Anwalt Kontoinhabern, die Opfer von Betrug geworden sind, wertvolle Unterstützung bietet. Schnelligkeit durch sofortiges Handeln hilft den Betroffenen, indem der Rechtsanwalt die Rechtmäßigkeit der Abbuchung prüft, die Ansprüche des Kunden gegenüber der Bank durchsetzt und Beweismittel sicherstellt. Gerade bei Banken, die häufig von Betrugsfällen betroffen sind, trägt ein erfahrener Rechtsanwalt entscheidend dazu bei, dass der betroffene Kunde sein Geld zurückbekommt.

Fazit: Ein Sieg für den Verbraucherschutz

Das Kammergericht Berlin, immerhin das höchste Berliner Zivilgericht, ebnet den Weg für den Kampf gegen die weltweite Betrugskriminalität im bargeldlosen Zahlungsverkehr. Es stärkt die Rechte der Verbraucher und erhöht den Druck auf die Banken, wirksame Maßnahmen zur Betrugsprävention zu ergreifen. Im Grunde ein richtiger Weg. Die bisherige Praxis des Wegschauens muss enden. 

Erfahrene Rechtsanwälte, mit Schwerpunkt im Verbraucherschutz sowie im Bank- und Kapitalmarktrecht, sehen wie ich in der jüngsten Entscheidung des Berliner Kammergerichts einen bedeutenden Fortschritt für betroffene Bankkunden. Diese richtungsweisende Entscheidung stärkt die Rechte von Bankkunden, die Opfer von Betrügereien geworden sind, und legt den Grundstein für klare Regeln, die Banken zur Verantwortung ziehen. Seit Jahrzehnten setze ich mich dafür ein, dass gesetzliche Lücken geschlossen werden, um betrügerisches Verhalten konsequent einzudämmen. Ob es um die Rückforderung kleinerer Geldbeträge oder um Millionen geht, ist die Vertretung Ihrer Rechte mit Engagement und Struktur – sowohl außergerichtlich als auch vor Gericht, bundesweit, mein Anliegen.

Autor: Dr. Thomas Schulte

Kontakt:

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Thomas Schulte
Malteserstraße 170
12277 Berlin

Telefon: +49 30 221922020
E-Mail: dr.schulte@dr-schulte.de

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