Manche Rechtsstreite sind total eindeutig: Ein betrunkener Autofahrer fährt einem unbescholtenen, schlafenden Mitbürger nachts in den Zaun. Muss der Autofahrer die Kosten für die Reparatur bezahlen? Na klar. Hier sind gut und böse eindeutig verteilt.

Kompliziert wird es bei Mehrpersonenverhältnisse. Hier gibt es wieder den Bösen, aber es gibt zwei Opfer. Was tun, wenn der Böse nicht greifbar ist, weil er untergetaucht ist? Kann jetzt ein Opfer von dem anderen Opfer Schadenersatz verlangen. Um diese Fälle geht es bei der Betrugsmasche mit den Autos und den gefälschten Papieren. Diese Fälle werden immer wieder in verschiedenen Varianten vor Gericht entschieden. Hierzu ging es in Wiesbaden vor einigen Jahren vor dem Landgericht um einen Porsche 911. 

 Der Fall: Ein Porsche 911 und die fehlenden Papiere

Stellen Sie sich vor, Sie kaufen einen hochwertigen Gebrauchtwagen, in diesem Fall einen Porsche, von einem scheinbar seriösen Unternehmen. Sie zahlen den Kaufpreis und nehmen das Fahrzeug mit – doch es fehlen wichtige Dokumente, insbesondere der Original-Kfz-Brief. Genau dies geschah in dem Fall, der vor dem LG Wiesbaden verhandelt wurde (Urteil vom 17.07.2009 – 7 O 68/09). Normalerweise gilt, dass es keine Papiere gibt, wenn man einen Gegenstand erwirbt. Beispiel: Brötchenkauf bei der Bäckerei. Hier zahlt man 2024 die gefühlten fünf Euro pro Brötchen, nimmt die Tüte mit und der Käufer ist damit Eigentümer. Bei Autos ist das anders: hierbei gibt es noch ein Original Kfz Brief. 

Der Kläger, ein Käufer, hatte den Porsche von der W-GmbH erworben, vertreten durch ihren Geschäftsführer Herrn L. Der Kaufpreis war gezahlt, und das Auto wurde abgeholt. Doch die W-GmbH konnte lediglich einen entwerteten Kfz-Brief und Kopien der Fahrzeugpapiere vorlegen – keine Originale. Für den Käufer ein scheinbar kleines Detail, das jedoch gravierende Folgen haben sollte. 

Eigentumserwerb an einem Kraftfahrzeug – das ist richtig kompliziert – am Ende gibt es eine Kurzversion für Laien

In den allermeisten Fällen wird bei dem Verkauf von Kraftfahrzeugen das Eigentum gemäß § 929 S.1 BGB übertragen. Hierfür sind vier Voraussetzungen vonnöten:

  1. Einigung (dinglicher Vertrag zwischen Veräußerer und Erwerber mit dem Inhalt, dass das Eigentum an der Sache übergehen soll).
  2. Übergabe (vollständiger Besitzverlust des Veräußerers und irgendein Besitzerwerb des Erwerbers auf Veranlassung des Veräußerers).
  3. Einig sein zum Zeitpunkt der Übergabe.
  4. Berechtigung des Verkäufers

Bei der Übereignung einer Sache, also auch eines Autos, kommt es somit maßgeblich auf die Berechtigung des Veräußerers an. Diese steht grundsätzlich dem Eigentümer der Sache zu. 

Das deutsche Zivilrecht sieht jedoch in bestimmten Fällen die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs vor. Im Grundfall der Übereignung gemäß § 929 S. 1 BGB kann unter Voraussetzung des § 932 BGB trotzdem Eigentum erworben werden.

Vier Voraussetzungen sind wiederum vonnöten:

  1. Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts (keine Personenidentität aufseiten der Parteien und rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb).
  2. Rechtsscheintatbestand: Übergabe der Sache
  3. Der Rechtsschein ist in der Übergabe, also der Besitzerschaffung zu sehen, weil zugunsten des Besitzers einer Sache vermutet wird, dass dieser auch Eigentümer ist, § 1006 I BGB.
  4. keine Bösgläubigkeit

Der Erwerber darf nicht bösgläubig im Hinblick auf die Eigentümerstellung des Veräußerers sein. Anders ausgedrückt muss er glauben, dass der Veräußerer Eigentümer ist und daher rechtmäßig über die Sache verfügen kann.

  • 932 II BGB normiert: “Der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.”

Im Hinblick auf die grobe Fahrlässigkeit hat die Rechtssprechung entschieden, dass sich der Erwerber bei der Übereignung eines Kraftfahrzeugs die Zulassungsbescheinigung vorlegen lassen muss. Laut gefestigter Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) gehört es zu den Mindestvoraussetzungen für den gutgläubigen Erwerb eines gebrauchten Fahrzeugs, dass sich der Käufer den Fahrzeugbrief zeigen lässt, um die Berechtigung des Verkäufers zu überprüfen. Da W dies versäumt hat, handelte sie grob fahrlässig, was gemäß § 932 Abs. 2 BGB den gutgläubigen Erwerb ausschließt. Fotokopien oder entwertete Dokumente reichen nicht aus. 

KFZ-Brief gegen Autobetrug

Dies stellt eine Besonderheit bezüglich des Eigentumserwerbs an einem Kraftfahrzeug dar.

Wird unter anderem Eigentum an einem Stift gutgläubig erworben, sind die Anforderungen an die grobe Fahrlässigkeit nicht so explizit definiert. Es gilt der normale Maßstab der groben Fahrlässigkeit, also das außer Acht lassen im Verkehr erforderlichen Sorgfalt in besonders hohem Maße, wobei das unberücksichtigt geblieben ist, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. § 276 II BGB). 

Kein Abhandenkommen

Die Sache dürfte außerdem nicht abhandengekommen im Sinne des § 935 BGB gewesen sein. Dies ist als unfreiwilliger Besitzverlust des unmittelbaren Besitzers definiert. Beispiele hierfür sind gestohlene oder verlorene Sachen. An diesen Sachen kann gutgläubig kein Eigentum erworben werden. Dies betrifft natürlich auch die Autohändler-Branche, da hier immer wieder gestohlene Fahrzeuge zum Kauf angeboten werden.

Ist eine Sache verliehen oder vermietet, liegt kein Abhandenkommen vor. Die Rechtsordnung geht davon aus, dass derjenige keinen besonderen Schutz benötigt. Vielmehr schafft dieser selbst eine Gefahr für seine Eigentümerposition, weil die Sache aus der Hand gegeben wird.

Kurzversion für Laien

An geklauten Autos kann niemand gutgläubig Eigentum erwerben. Falls das Auto aber von jemandem verkauft wird, der es als Mieter hat oder es verliehen bekommen hat, geht das. Wichtig ist, dass das Auto übergeben wird und der Käufer nichts bemerken konnte von dem Betrug zulasten des Vermieters oder Verleihers. Hier kommt es besonders auf die Fahrzeugpapiere an. 

Zurück zum Fall:

Diesem Prinzip folgend stellte das Gericht fest, dass die Klägerin nicht Eigentümerin des Porsches geworden war, da sie beim Erwerb des Fahrzeugs nicht gutgläubig im rechtlichen Sinne war. Die Vorlage eines entwerteten Kfz-Briefs oder von Kopien konnte den Anschein einer ordnungsgemäßen Eigentumsübertragung nicht wahren. Das Geld war weg und der rechtmäßige Eigentümer wollte (berechtigterweise) das Auto zurück. Jetzt gibt es eine Entscheidung, für das eine Opfer (Autoeigentümer) gegen das andere Opfer (Autokäufer, der das Geld bezahlt).

 Warnsignale: Was Käufer beachten müssen

Dieser Fall verdeutlicht eindrucksvoll, wie wichtig es ist, beim Kauf eines Gebrauchtwagens nicht nur auf den optischen Zustand des Fahrzeugs oder den Preis zu achten. Es geht um viel mehr: Der rechtliche Status des Fahrzeugs ist von entscheidender Bedeutung. Wenn der Verkäufer den Original-Kfz-Brief nicht vorlegen kann, sollten bei jedem Käufer die Alarmglocken läuten.

Ein entwerteter Kfz-Brief oder Kopien sind klare Warnsignale. Sie deuten darauf hin, dass der Verkäufer möglicherweise nicht der rechtmäßige Eigentümer ist oder das Fahrzeug mit rechtlichen Problemen behaftet sein könnte. In dem hier besprochenen Fall hätte der Kläger erkennen müssen, dass die W-GmbH nicht in der Lage war, den Original-Kfz-Brief vorzulegen – ein klares Indiz für mögliche Unregelmäßigkeiten.

Die Folgen: Böswilligkeit und Eigentumsverlust

Das Gericht stellte weiterhin fest, dass die Klägerin nicht nur fahrlässig, sondern sogar böswillig gehandelt hatte. Sie hatte alle Warnzeichen ignoriert, darunter auch den Umstand, dass sie nur einen Fahrzeugschlüssel und kein weiteres Zubehör erhalten hatte. Dies hätte ihr deutlich machen müssen, dass die Verfügungsbefugnis der W-GmbH alles andere als sicher war.

Auch der Verweis der Klägerin auf andere Gerichtsurteile, die in ähnlichen Fällen zugunsten der Käufer entschieden hatten, konnten hier nicht helfen. Die Besonderheiten dieses Falls, insbesondere die klare Nichtvorlage des Original-Kfz-Briefs, machten jede Berufung auf gutgläubigen Erwerb hinfällig.

Fallvarianten, die Teil von Gerichtsentscheidungen waren

Auch unter Kfz-Händlern, die mit gebrauchten, aus beendeten Leasingverträgen stammenden Kraftfahrzeugen handeln, gilt der Grundsatz, dass der gute Glaube des Erwerbers an das Eigentum beziehungsweise die Verfügungsbefugnis des Veräußerers nur geschützt ist, wenn er sich zumindest den Kfz-Brief vorlegen lässt. Verzichtet der Erwerber hierauf in der Annahme, der Brief befinde sich noch bei der Leasinggesellschaft, trägt der Käufer das Risiko, dass der Veräußerer nicht einmal verfügungsbefugt ist (vgl. BGH, Urteil vom 13.05.1996 – II ZR 222/95).

Grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 929 II BGB ist dem Erwerber eines Gebrauchtwagens auch dann vorzuwerfen, wenn besondere Umstände wie etwa ein besonders günstiger Kaufpreis seinen Verdacht erregen mussten, er aber dennoch keine sachdienlichen Nachforschungen unternommen hat, um sich über die Verfügungsbefugnis des Veräußerers zu vergewissern. Insoweit ist ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. LG München I, Urteil vom 02.02.2015 – 26 O 13347/14).

Das Oberlandesgericht Oldenburg (Urteil vom 27.03.2023 – 9 U 52/22) hatte ähnlich über einen Lamborghini entschieden, welcher um 1 Uhr nachts auf dem Parkplatz eines Burger King übereignet wurde. Es handelte sich um ein Mietfahrzeug. Der Mieter wollte schnell und einfach Geld verdienen. Zwar legte der Veräußer die (unrechtmäßig erlangte und falsche) Zulassungsbescheinigung vor, jedoch sah das Oberlandesgericht die Gesamtumstände als evident ungewöhnlich an, sodass ein gutgläubiger Eigentumserwerb verneint wurde. Hierfür sprachen der Ort, die Zeit, unterschiedliche Schreibweisen in den Zulassungsbescheinigungen und der niedrige Kaufpreis.

Fazit: Der Kfz-Brief als Schlüssel zum rechtmäßigen Erwerb

Für Käufer bedeutet dies: Lassen Sie sich niemals mit Kopien oder entwerteten Dokumenten abspeisen. Bestehen Sie auf die Vorlage des Original-Kfz-Briefs und prüfen Sie die vollständige und ordnungsgemäße Dokumentation des Fahrzeugs. Nur so können Sie sicherstellen, dass Sie auch tatsächlich Eigentümer des Fahrzeugs werden.

Autor: Valentin Schulte

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